Aus zwei mach eins: In einigen Monaten könnten die derzeit getrennten Dezernate der Schönefelder Gemeindeverwaltung wieder unter einem Dach vereint sein. Gestern Abend beschloss die Schönefelder Gemeindevertretung mehrheitlich die Mitarbeitenden der beiden Standorte in der Berliner Straße 1 in Waltersdorf und der Schönefelder Hans-Grade-Allee wieder an einem zusammenzuführen. Beide Dependancen sollen aufgelöst und ein neues Rathaus errichtet werden. Dieses soll in unmittelbarer Nähe zum Schönefelder S-Bahnhof in einem Bürogebäude in der Mittelstraße entstehen. Für die Schönefelder Gemeindeverwaltung sollen darin zunächst für einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren Räume angemietet werden.
Bürgermeister Christian Hentschel ist nun aufgefordert, die Mietvertragsverhandlungen aufzunehmen. Entsprechend dem Wunsch der Gemeindevertreter*innen soll in den Vertrag auch eine Kaufoption für das Gebäude aufgenommen werden, um sich im Bedarfsfall auch langfristig dort niederlassen zu können.
Dem mehrheitlich gefassten Beschluss war ein zähes Ringen um den vom Schönefelder Bürgermeister eingebrachten Vorschlag vorausgegangen. Vor allem die Fraktion Die Linke konnte sich mit dem Umzug der Verwaltungsmitarbeitenden in die Mittelstraße noch nicht so recht anfreunden. Die beiden Gemeindevertreter hätten gern die Option, das Rathaus am Standort der Hans-Grade-Allee zu erhalten und mit einem Anbau, für den die Gemeinde bereits vor einigen Jahren nebenstehend Flächen erworben hatte, zu erweitern, noch näher untersucht. Diese Variante war von der Verwaltung zwar auch geprüft, aber aus verschiedenen Gründen verworfen worden. Ein Argument war dabei die angespannte und sich weiter zuspitzende Parksituation, die ohne Weiteres vor Ort nicht lösbar sei.
Hintergrund des geplanten Umzugs ist die starke Entwicklung der Gemeinde, die insbesondere durch die Flughafeneröffnung eingesetzt hatte. Die enorme Baubewegung und der hohe Zuzug hatten auch in der Verwaltung zu einem höheren Arbeitsvolumen und einer Arbeitslast geführt, die nur durch die Einstellung neuer Mitarbeiter*innen zu bewältigen ist und war. Mittlerweile ist an beiden Standorten der Verwaltung räumlich die Kapazitätsgrenze erreicht. Erschwerend kommt hinzu, dass das Rathaus in der Hans-Grade-Allee dringend saniert werden muss. Auch dies sprach letztlich gegen die Anbau-Variante.
Mit der Lösung der Raumnot beschäftigt sich die Verwaltung bereits seit mehr als einem Jahr. Anfänglich in einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe, die eine Bestandsanalyse vornahm und sich mit verschiedenen Lösungsoptionen auseinandersetzte. Die Anmietung von Räumen in einem der bestehenden Bürogebäude der Gemeinde stellte sich dabei als die wirtschaftlichste und sinnvollste dar. Das Bürogebäude in der Mittelstraße konkurrierte zunächst mit zwei weiteren Standorten. Gespräche wurden so auch mit den Eigentümern von Objekten im Lilienthalpark in Waltersdorf und den Sonnenhöfen geführt und alle drei Angebote anhand einer Bewertungsmatrix abgeglichen. Eine später eingesetzte interfraktionelle Arbeitsgruppe sprach sich nach Abwägung aller Vor- und Nachteile schließlich für den Standort in der Mittelstraße aus. Diesem Votum folgte die Gemeindevertretung nun.
Offen ist noch, ob der auf der anderen Seite des S-Bahnhofs geplante Rathaus-Neubau parallel weiterverfolgt werde, den der Sieger des städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs für die Freifläche im Schönefelder Norden an dieser Stelle in seinem Entwurf vorgesehen hat. In den Fachausschüssen, die vor der Entscheidung der Gemeindevertretung gehört worden waren, war neben der Aufnahme der Kaufoption für das anzumietende Bürogebäude auch gefordert worden, diesen Passus aus der Beschlussvorlage zu streichen und die Gemeindevertretung zu einem späteren Zeitpunkt über einen möglichen Rathaus-Neubau befinden zu lassen.
Das alte Rathaus soll indes in den Händen der Kommune verbleiben und im Sinne der Daseinsvorsorge der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Die Verwaltung wird im Laufe des Jahres dazu ein Nachnutzungskonzept inklusive Wirtschaftlichkeitsanalyse erarbeiten. In der gestrigen Sitzung stellte Bürgermeister Christian Hentschel erste Nutzungsideen vor. Vorstellbar seien demnach die Nutzung als Interimsstandort für eine Schule, die Einrichtung eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums oder eine Art Bürger- und Kulturhaus mit verschiedenen Dienstleistungen, Bildungs-, Sport- und Kulturangeboten. (sos)