Die Prognosen sind alarmierend. In den nächsten zehn Jahren erwartet Schönefeld verursacht durch das weitere Wachstum in der Kommune und dem Umland einen deutlichen Zuwachs an Verkehr. Torsten Schulz von der Firma PST, die seit vielen Jahren verkehrstechnische Untersuchungen im Gemeindegebiet durchführt und begleitet, sprach von einem Sprung vergleichbar mit zwei sechsspurigen Autobahnen – pro Tag. Von besonderer Bedeutung ist es daher, jetzt die Weichen zu stellen, um das zu erwartende Chaos zu vermeiden und die Verkehrsströme gezielt zu lenken. Schönefelds wichtigste Verbindungsstraße und Knotenpunkte sind daher schon länger in der Betrachtung. Gestern Abend stellte Schulz dem Entwicklungsausschuss der Gemeinde den Sachstand vor.
Optimierungsbedarf wird so beispielsweise an der Zu- und Abfahrt von der B96a nach und aus Waßmannsdorf gesehen. Dort sollen zusätzliche Abbiegespuren geschaffen werden, um den Verkehrsfluss zu optimieren. Während die Planungen derzeit dem Verkehr auf der B96a den Vorrang einräumen, sahen die Mitglieder des Entwicklungsausschusses Handlungsbedarf vor allem auch für die Waßmannsdorfer Allee, auf der es schon heute häufig zu Rückstaus kommt. Nicht zuletzt bedingt durch den Ausbau des Klärwerks werde die Ortsdurchfahrt künftig noch stärker belastet, vor allem durch den Schwerlastverkehr, sagte Ortsvorsteher Michael Smolinski. Die Verwaltung verwies in dem Zusammenhang auf die Absicht, eine Alternative zur Ortsdurchfahrt prüfen zu lassen. In der anschließenden Diskussion deutete sich aber an, dass sich über den möglichen Verlauf noch intensiver auszutauschen ist.
Verkehrsmodell soll Klarheit bringen
Weitere unmittelbare Auswirkung auf den Ortsteil befürchtete der Waßmannsdorfer Ortsvorsteher durch die Überlegungen zur Planstraße E im Entwicklungsgebiet Schönefeld-Nord. Diese soll im Norden parallel zur Hans-Grade-Allee durchs Baugebiet führen und die Waltersdorfer Chaussee mit der Rudower Straße verbinden. Die dadurch erwirkte Entlastung im Schönefelder Quartier würde nach Ansicht des Ortsvorstehers zu mehr Verkehr in Waßmannsdorf führen, sofern keine Gegenmaßnahmen getroffen würden. Der Sachgebietsleiter Baurecht und Planung der Gemeindeverwaltung, Constantin Kuprat, erläuterte, dass es möglich sei, die neue Straße zunächst nur für den ÖPNV zu öffnen. Zudem werde derzeit ein Verkehrsmodell für Schönefeld erstellt, um die Verkehrsströme insgesamt besser einschätzen zu können und entsprechende Maßnahmen abzuleiten.
Waltersdorfer Entlastung rückt näher
Weiter voran gehe es auch weiter südlich im Gemeindegebiet mit der Ortsumfahrung des Ortsteils Waltersdorf. Auf der Straße sind drei Kreisverkehre geplant, die zwischenzeitlich mit dem Landesbetrieb für Straßenwesen abgestimmt seien. Nach Angaben der Leiterin des Baudezernats, Claudia Moch, könne es nun in die Entwurfsplanung gehen, die noch im ersten Halbjahr dieses Jahres vorliegen soll.
Verkehrsplaner Schulz warnte aber vor zu hohen Erwartungen. Die Ortsumfahrung werde nicht zu einer wesentlichen Verringerung des Verkehrs im Ortsteil führen, sondern vornehmlich den zusätzlich durch die weitere Entwicklung erzeugten aufnehmen. Prognosen gehen von einer Verdopplung der Verkehrsbelastung auf bis zu 30.000 Kfz am Tag aus.
Von Bedeutung für die Entlastung des Ortsteils ist auch die Autobahn-Anschlussstelle Kiekebusch. Voraussetzung für den Bau ist eine Verkehrswirtschaftlichkeitsuntersuchung, die zu dem Schluss kommen muss, dass ein entsprechender Bedarf besteht und andere Straßen durch die Baumaßnahme nicht exorbitant belastet würden. Kürzlich sei ein erster Zwischenstand präsentiert worden, sagte Schulz. Noch ungeklärt seien vor allem zwei Themen, die für die Einschätzung von Bedeutung seien. Das ist zum einen die weitere Verkehrsentwicklung im Bereich des Flughafens und zum anderen die Gewerbeentwicklung auf der noch freien Fläche hinter dem Logistiker Amazon.
Gewerbeentwicklung in der Prüfung
Mit der aktuellen und künftigen Gewerbeentwicklung im Gemeindegebiet beschäftigt sich derzeit das Unternehmen Lokation:S in Kooperation mit der Gruppe Planwerk. Im Auftrag der Gemeinde untersuchen beide, welche Gewerbe- und Entwicklungsschwerpunkte es in der Gemeinde gibt, welche Bedarfe und Potenziale. Ein Vertreter berichtete dem Entwicklungsausschuss gestern Abend über die Arbeit und den aktuellen Stand. Demnach sei in einem ersten Schritt eine Bestandsaufnahme durchgeführt worden. Dabei seien alle Gewerbeflächen ab 500 m2 erfasst und nach Kategorien geclustert worden. Im Weiteren soll mit Eigentümern über Pläne und Bedarfe gesprochen werden. Auch ein Workshop mit der Fachöffentlichkeit ist geplant. Am Schluss soll ein Konzept stehen, dass mit der Politik und Verwaltung abgestimmte Strategien für die weitere Entwicklung der Gewerbeflächen enthält. Auch eine Priorisierung solle ermöglicht werden.
Mit dem Gewerbeentwicklungskonzept setzt die Kommune eine Forderung des Maßnahmenkatalogs um, der gemeinsam mit den Bewohner*innen Schönefelds im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (INSEK) erarbeitet worden war. Bereits bestehende Konzepte, wie etwa das Neocity-Konzept, sollen dort mit einfließen. (sos)