Die Entscheidung über die geplante Wohnbebauung im Baugebiet „Wehrmathen“ ist noch einmal vertagt. Am heutigen Abend hatte der Bauausschuss der Gemeinde Schönefeld erneut eine Beschlussvorlage auf dem Tisch, die sich mit Befreiungsanträgen des Bauherrn für die Baufelder A und B der bereits seit Mitte der 1990er Jahre bestehenden Vorhaben- und Erschließungspläne befasste. Nach kurzer Diskussion zog Bürgermeister Christian Hentschel die Vorlage jedoch erneut zurück. Bis zur nächsten Bauausschuss-Sitzung im Januar und der sich anschließenden Gemeindevertretersitzung Anfang Februar wollen Verwaltung und Gemeindevertreter*innen nun zunächst eine gemeinsame Position und Verhandlungsgrundlage erarbeiten. Ziel ist es, aktuelle und in der Vergangenheit vorgebrachte Hinweise aufzunehmen und zu bündeln, um diese anschließend in einem mit dem Investor geschlossenen städtebaulichen Vertrag zu fixieren.
Im Vorfeld der heutigen Bauausschuss-Sitzung hatte der Bürgermeister die Fraktionen und Gemeindevertreter*innen gebeten, über die bereits realisierten Anpassungen hinausgehende Wünsche zu formulieren. Zu den zentralen Forderungen gehörte dabei weiterhin die Schaffung von Kita- und Schulplätzen in dem Wohngebiet. Die Rede ist von 100 bis 200 Plätzen. Die Fraktion DIE LINKE hielt zudem den Stellplatzschlüssel von einem Parkplatz je Wohneinheit für nicht mehr zeitgemäß und sieht hier Anpassungsbedarf. Zudem sollen 30 Prozent der Wohnungen preisgebunden, sprich so genannter sozialer Wohnraum sein. Für die CDU/AfE-Fraktion ist neben einer finanziellen Beteiligung an den Kita-Plätzen die Überprüfung der verkehrlichen Anbindung von besonderer Bedeutung, zudem soll sich der Investor verpflichten, Platz für stationäres Carsharing und eine E-Lade-Säulen-Infrastruktur herzuhalten. Die BIS sprach sich indes dafür aus, das Bauprojekt über einen längeren Zeitraum zu entwickeln, um der Gemeinde wiederum Zeit zu geben, Vorbereitungen für die notwendige soziale und verkehrliche Infrastruktur zu treffen.
Der anwesende Vertreter der Investoren begrüßte die „detaillierten Anregungen“, sah sich aber nicht in der Lage sie bereits abschließend zu bewerten. Die solle nun im Weiteren geschehen. Anpassungen auf Basis des geltenden Planungsrechts seien aber möglich, sagte er. Auch über eine Ablöse für die Kita-Plätze könne „im vernünftigen Rahmen“ gesprochen werden, betonte er.
Wie berichtet hatten sich die Schönefelder Gemeindevertreter*innen mit der Genehmigung der Baupläne von Beginn an schwergetan. Sorgen bereitete den Kommunalpolitiker*innen vor allem der mit den geplanten rund 480 neuen Wohnungen verbundene Verkehr, der die ohnehin angespannte Situation im Schönefelder Norden möglicherweise weiter verschärft. Zudem fehlt es an sozialer Infrastruktur. Nach aktuellen Berechnungen wird vor Ort noch mindestens eine Kita gebraucht. Der Investor hatte sich zwar bereit erklärt, in einem der neuen Wohnblöcke eine Kindertagespflege einzurichten, jedoch ging dies den Gemeindevertreter*innen nicht weit genug.
Ende September, als eine ähnliche Beschlussvorlage mit Befreiungsanträgen für die Baufelder C und D bereits Thema in der Sitzung des Gremiums war, gab es aus diesen Gründen keine Mehrheit für das Projekt. Bürgermeister Christian Hentschel hatte auch damals die Vorlage von der Tagesordnung genommen, um zunächst in der Sitzung aufgekommene Fragen mit den Investoren und Anwälten zu prüfen und zu klären.
Im Ergebnis wurde deutlich, dass die Gemeinde keine Möglichkeit hat, die Baupläne gänzlich zu verhindern. Wunsch ist es nunmehr, sie zumindest zugunsten der Gemeinde zu lenken. Das Problem: Die Vorhaben- und Erschließungspläne für das Wohngebiet zwischen Bahntrasse, Berliner Stadtgrenze und Altglienicker Chaussee sind seit Mitte der 1990er Jahre rechtskräftig und nicht anfechtbar. Die Investoren hatten zu Beginn einen Teil der damaligen Planungen umgesetzt. Nahezu 50 Prozent der Flächen liegen aber noch brach. Seit zwei Jahren besteht der Wunsch seitens des Projektträgers nun auch diese Flächen zu bebauen. In der Zwischenzeit hat sich die Uhr jedoch für alle weitergedreht. Die Anforderungen sind heute andere als noch vor 20 Jahren. Zudem schreitet in der Gemeinde die Entwicklung insgesamt nach der Eröffnung des Flughafens BER rasant voran. Daraus ergibt sich für die Gemeinde ein hoher Steuerungsbedarf.
Der Investor hatte die Vorhaben- und Erschließungspläne zwischenzeitlich in einigen Punkten angepasst. Dies betrifft die Anzahl der Spiel- und Stellplätze, zudem wurden Konzepte für die Regenentwässerung, Mobilität als auch den Schallschutz erstellt. Die in der aktuellen Beschlussvorlage in Rede stehenden Befreiungen befassen sich mit Änderungen der Grund- und Geschossflächen in den Baufeldern A und B, die im Wesentlichen notwendig sind, um eine Tiefgarage als auch Balkone an den Häusern zu realisieren. Zudem sollen die Feuerwehreinfahrten und Grünflächen optimiert werden.
Nach Angaben des Investors sollen die neuen Wohnblöcke in den vier Baufeldern sukzessive errichtet werden. Die Anträge für die Baugenehmigungen sind bereits gestellt und positiv vorbeschieden. Die Fertiggestellung des Gesamtprojektes ist für 2026/27 geplant.